Max Seeger
Mit einem tiefen Verständnis für die Möglichkeiten digitaler Medien verbindet Max Seeger kreative Ansätze mit technologischen Innovationen. Sein Design-Ansatz bewegt sich zwischen Wissenschaft, Technologie und Design, gleichermaßen interessiert er sich für Designmethoden und dem kreativen Nutzen von Coding, um komplexe Themen zugänglich zu machen und um die Einzigartigkeit und Schönheit von wissenschaftlichen Ergebnissen sichtbar zu machen. Bereits während seines Bachelor- und Masterstudiums an der Fakultät Gestaltung Würzburg erhielt er Auszeichnungen für seine Projekte, darunter den Lumen Prize, den if Design Award, den UX Design Award und zwei goldene Nägel des ADC.

Interview mit Max Seeger
Max, Du beschreibst, dass Du Dich mit Deinem Design-Ansatz zwischen Wissenschaft, Technologie und Design bewegst, Dich für Designmethoden und dem kreativen Nutzen von Coding interessierst – um komplexe Themen zugänglich zu machen, um die Einzigartigkeit und Schönheit von wissenschaftlichen Ergebnissen sichtbar zu machen. Du suchst auch nach neuen Symbiosen zwischen Technologie, Natur, und Menschlichkeit. Wie bist Du zu diesem komplexen Design-Ansatz gekommen?
Total untypisch für den Designbereich bin ich ein absurd schlechter Zeichner. Das wurde mir sogar bei meiner Aufnahmeprüfung fürs Designstudium bestätigt und ich musste, natürlich mit einem Hauch Ironie, versprechen, dass ich nie wieder einen Stift in die Hand nehme. Ich habe mich dann mehr oder weniger konsequent drangehalten und dann nach und nach digitale Tools und schlussendlich mehr und mehr das Programmieren als Gestaltungstool für mich entdeckt. Das Coding erlaubt es, Design viel mehr als Gestaltung von dynamischen Systemen zu begreifen, die sich durch den Einfluss von Menschen, Daten, Zeit oder Zufall verändern oder adaptieren.
An dem Spannungsfeld zwischen Technologie und Natur fasziniert mich vor allem, dass diese oft als zwei Extreme eines Spektrums gedacht werden, obwohl die beiden Welten in meinen Augen viel mehr verbindet als sie trennt. Ich finde dabei einerseits spannend, biologische Prozesse, organische Formen oder Organismen im Digitalen zu simulieren, um deren Prinzipien zu verstehen und etwa im Sinne der Bionik als Inspiration für digitale Gestaltung zu nutzen. Andererseits interessiert mich wie sich Technologie symbiotischer in Natur und Interaktionen mit Menschen einfügen kann.
Bei einer so großen Vielfalt an Interessen und Kompetenzen: Wie entscheidest Du Dich für die Umsetzung eines Projekts?
Ich merke eigentlich immer wieder, dass für mich Neugier der stärkste Treiber und Motivator ist. Irgendetwas in einem Thema oder in einer Idee zu entdecken, was mich begeistert, weil ich es vorher noch nicht wusste oder gerade noch nicht so ganz verstehe, das macht mich immer neugierig. Das Schöne am kreativen Arbeiten ist ja, dass man eigentlich in jedem Bereich und jedem Thema, wenn man lange genug bohrt, immer auf etwas Neues stößt.
Was bedeutet KI für Deine Arbeit?
Künstliche Intelligenz ist natürlich gerade Buzzword Nummer 1, egal ob innerhalb oder außerhalb der Designwelt. Im Designkontext wird dabei in meiner Wahrnehmung fast ausschließlich darüber diskutiert, wie, wann und ob generative KI in Zukunft bestimmte Designaufgaben ersetzen und gleichwertig oder sogar besser, schneller und günstiger übernehmen kann. Ich finde die Diskussion verknappt oftmals die neuen Möglichkeiten, die sich durch KI bieten und verpasst es den Fokus darauf zu lenken wie KI menschliche Gestaltung unterstützen und erweitern kann. In meiner Arbeit finde ich es interessanter mich damit zu beschäftigen, welche komplett neuen technischen und gestalterischen Möglichkeiten sich durch die Integration von KI-Modellen eröffnen.
KI-Modelle als Tool bieten ein riesiges Potential Interaktionen zwischen Menschen und digitalen Systemen natürlicher, empathischer, spontaner oder auch ergebnisoffener zu gestalten. Egal ob es die Erkennung von menschlichen Bewegungen ist, die Einschätzung menschlicher Emotionen, die Interaktion durch natürliche Sprache, die Erkennung von Handschriften oder die Übersetzung in verschiedene Sprachen, auch Programmiersprachen, KI-Modelle ermöglichen uns menschliche Interaktionen mit Maschinen und Interfaces neu zu denken. Natürlich bieten disruptive neue Technologien wie künstliche Intelligenz nicht nur Chancen, sondern auch Risiken und ich denke als Designer*innen sollten wir eine aktive Rolle dabei spielen genau diese Chancen auszuloten und auf Risiken aufmerksam zu machen.
Mit „Beethoven Recomposed“ setzt Du Dich mit Barrierefreiheit auseinander und visualisiert ein Konzert für Menschen mit Hörbeeinträchtigungen. Welche Bedeutung hat Inklusion für Dich?
Ja, das war ein extrem spannendes Projekt, bei dem ich mit drei weiteren Visual Artists des Berliner Studios schnellebuntebilder Echtzeit-Visualisierungen für ein live spielendes Orchester entwerfen und umsetzen durfte. Das Projekt ist für mich ein Beispiel wie digitale Tools eingesetzt werden können, um Erlebnisse multisensorisch zu erweitern und sie damit gleichzeitig inklusiver werden zu lassen, weil sie auf verschiedenen Ebenen und mit verschiedenen Sinnen erfahren werden können. Daneben bietet generatives Design sowie Virtualität aber auch die Möglichkeit sensorische Erlebnisse oder auch die Vermittlung von Informationen sehr stark zu personalisieren und Erlebnisse ganz individualisiert zu denken und zu gestalten. Ich sehe da in Zukunft, die Möglichkeit, beispielsweise auch durch den Einsatz von KI-Modellen, Interaktionen mit digitalen Systemen noch viel Stärker zu individualisieren und damit inklusiv zu gestalten.
Wie sieht die Zukunft digitalen Designs aus und welche neuen Technologien faszinieren Dich besonders?
Mich faszinieren selten bestimmte Technologien oder Tools im Besonderen. Ich glaube immer noch daran, dass eine gute Geschichte im Kern immer eine gute Geschichte ist, egal womit man sie erzählt und eine gute Idee medienunabhängig auch erst mal eine gute Idee ist. In den allermeisten Fällen sollte sich die Wahl des Mediums also nach den Erfordernissen der Idee oder Geschichte richten. Gleichzeitig glaube ich aber auch, dass wir für moderne digitale Technologien wie virtuelle, augmentierte oder hybride Realitäten, die ein hohes Maß an Interaktivität und Immersion ermöglichen, immer noch auf der Suche sind nach neuen nicht-linearen Erzählmustern. Oder nach Ideen für visuelle Welten, in denen so gut wie alles möglich ist, was wir uns vorstellen, oder noch gar nicht vorstellen können. Vielleicht befinden wir uns da gerade noch in einem ähnlichen Findungsprozess wie in den frühen Jahren des Films und die nahe Zukunft des digitalen Designs besteht darin diesen Findungsprozess aktiv und nicht technologiezentriert, sondern mit Fokus auf menschliche Bedürfnisse, voranzutreiben.
Was wünschst Du Dir für Deine berufliche Praxis in Zukunft? Von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft?
Vielleicht ab und an ein bisschen mehr Mut zum Experiment und zum kreativen Forschen. Ich glaube die unkonventionellsten Lösungen und Ideen mit dem größten Transformationspotential können dann entstehen, wenn der Freiraum besteht, auch mal neue Wege zu gehen.